Mittwoch, 16. Januar 2013

Begegnung mit Oscar Wilde ...

Leute, ich hab Oscar Wilde getroffen! Ihr glaubt mir nicht? Aber wenn ich`s Euch sage ... ich hab sogar mit ihm gesprochen, na ja gut, gesprochen wäre vielleicht zu viel gesagt, ich hab "nein danke" gesagt, als er mir eine Praline angeboten hat. Aber beeindruckend war`s trotzdem, sonst würde ich Euch ja schließlich nicht davon erzählen! Ihr könnt Euch auch gerne selbst überzeugen - ich verrate euch, wo Ihr ihn treffen könnt ...


Ich saß gemeinsam mit meinem Mann in einem gemütlichen kleinen Café in Köln, - Thürmchenswall - um ganz genau zu sein. Gerade hatten wir uns ein Getränk bestellt und uns in der Nähe der Heizung ein warmes Plätzchen gesucht. - Draußen war es eisig kalt. - Hier hab ich übrigens auch ein Bild von diesem netten Café ...



Neben uns saß noch ein weiteres Pärchen, die sich gerade einen Merlot geordert hatten und es gab noch ein paar weitere Personen, die mir aber nicht so im Gedächtnis geblieben sind ...

Plötzlich ging die Tür auf und herein kam - na was denkt Ihr? Richtig! Oscar Wilde. Zielstrebig ging er auf den Kerzenständer in der Ecke des Raumes zu, zündete die Kerzen an und stellte sich uns und den anderen Gästen im Café vor. Nachdem er es sich mit einer Flasche Wein an einem der Tische gemütlich gemacht hatte fing er an, aus seinem - wirklich mehr als ereignisreichen und spannenden - Leben zu erzählen ...


Er sprach über persönliches, über größere und kleinere "Lieben" in seinem Leben und über Bosie - seine wohl größte Liebe. - Er erzählte vom Ruhm und von den Vorzügen gesellschaftlicher Anerkennung. - Sprach über die Bedeutung, ein Individuum zu sein und sich die Freiheit zu nehmen, diese Individualität tatsächlich auch offen zu leben. - Darüber, was es heißt oder besser gesagt heißen kann, bedingungslos zu lieben. - Und vor allem aber sprach er darüber, wie zerstörerisch Gesellschaften mit denen umgehen können, die sich heraus nehmen, ihre Individualität zu leben und im allerdreistesten Fall dieser sogar einen Spiegel vorhalten, in dem sie die verzerrte Maske ihrer fragwürdigen Moral- und Wertevorstellungen nicht länger verstecken können - so, wie Oskar Wilde es seiner Zeit tat ...

Wie sie alles und jedem ihre Moral überstülpen, wie sie sich heraus nehmen allgemein zu definieren, was gut und was schlecht ist, was richtig und was falsch, was man zu tun und was man zu lassen hat. - Denn, wie sagte Oscar Wilde an einer ganz anderen Stelle: "Leben, (und damit meinte er wohl das authentische und individuelle Leben, zu dem es Mut, Verstand und Entscheidungswille bedarf) das ist das Allerseltenste in der Welt - die meisten Menschen existieren nur!"  - Kein Wunder also, dass sich die Massen davon bedroht oder beleidigt, ja - vielleicht sogar beschämt fühlen?! ...

Aber wieder zurück zu meiner Begegnung in diesem Café, denn Oskar Wilde plauderte weiter ... Darüber, wie individuelle Entscheidungen, in entmündigender Art und Weise, negiert werden und wie Menschen schließlich, unter dem Deckmantel eines fragwürdigen, von der Masse jedoch unhinterfragten Mainstreams, gebrochen und zugrunde gerichtet werden - nur weil diese für sich das Recht einfordern, ihr Leben nach ihren eigenen Maßstäben zu leben.


Bei diesen Erzählungen konnte einem - so spannend wie sie waren - wirklich Angst und Bange werden! Heute ist es ja kaum mehr zu glauben, dass es Zeiten gab, in denen Homosexualität tatsächlich mit Zuchthaus bestraft wurde, denn das Verbrechen, dessen er beschuldigt wurde war ja schließlich nur, geliebt zu haben - allerdings, so die Meinung der Massen, das falsche Geschlecht, denn der Mainstream hatte entschieden und eindeutig festgelegt, wer wen zu lieben hat. 

Die bange Frage, die dabei in mir aufkeimt: sind diese Zeiten tatsächlich, endlich und unwiederbringlich vorbei? Oder hat vielleicht nur eine Verschiebung stattgefunden - und wenn das so ist, wer ist oder sind dann in unserer heutigen Gesellschaft die Homosexuellen?

Die Individualisten, welche die unverschämte und von der Masse zu sanktionierende Frechheit besitzen, Dinge zu hinterfragen, selbst zu denken und aufgrund dieser eigenen Gedanken und Einsichten andere Rückschlüsse zu ziehen und neue oder zumindest doch andere Wege zu beschreiten, als dies die Massen tun? Oder haben sich möglicherweise nur die Fragestellungen verschoben? Wo lassen sich die aktuellen Diskussionen bezüglich des Adoptionsrecht homosexueller Paare einordnen?

Die Erfahrung hat keinerlei ethischen Wert,
sie ist nur ein Name,
den die Menschen ihren Irrtümern verleihen.
Oscar Wilde

Reagiert die Gesellschaft heute tatsächlich anders? Haben wirklich Toleranz, Achtung und Respekt Einzug gehalten in unser großes Ganzes? Zu Oskar Wilde `s Zeiten war gesellschaftliche Anerkennung - jedenfalls für ihn, den Homosexuellen, der sich durch seine Liebe zu Männern ins Abseits degradierte, eng verknüpft mit dem Zwang der Selbstverleugnung - ein hoher, wohl zu hoher Preis für gesellschaftliche Anerkennung. Oder nicht?!

Wie sieht es heute aus? Wie reagieren wir selbst, wenn uns jemand begegnet, der - sagen wir einmal, ungewöhnlich ist? Jemand, der sich seine eigenen Gedanken macht, andere Wege einschlägt und wie ziehen wir selbst es vor zu leben? Schreien (und schreiten) wir mit der Masse, folgen dem Vorgegebenen und negieren alles, was uns in irgendeiner Art und Weise "anders" vorkommt?

Auf seine eigene Art zu denken ist nicht selbstsüchtig.
Wer nicht auf seine eigenen Art denkt, denkt überhaupt nicht.
Oscar Wilde

Schon wieder bin ich abgeschweift, hab mich auf den Weg gemacht zu meinen eigenen Gedanken. Diese Begegnung war aber auch wirklich sehr beeindruckend und vor allem nachhaltig. Aber gerade das hat mir ja auch so gut gefallen! Ich kann Euch also wirklich nur empfehlen, Euch selbst ein Bild zu verschaffen - von Oscar Wilde. Eine wirklich außerordentlich beeindruckende Persönlichkeit, dessen Leben eine große Relevanz hat - auch jetzt noch und für unser eigenes Leben ... und die Art und Weise, wie wir uns entscheiden, es zu leben ...


Aber bitte macht Euch Euer eigenes Bild und trefft ihn selbst - im Horizont Theater, in Köln. Soweit ich weiß, wird er am 03. Februar wieder dort sein, - in Gestalt des grandiosen Georg Lenzen.
Aber fragt vorsichtshalber lieber selbst noch einmal nach ... 

Ich hoffe, Ihr genießt es ebenso sehr, wie ich!
Eure Monika Köppel

Wer sich gleich erkundigen möchte:


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