Für mich persönlich ist es sehr berührend zu sehen, wie unterschiedlich sich Menschen einem Thema nähern können, welch vielfältige Sichtweisen zutage treten und wie zu vermuten ist, dass vieles bedauerlicherweise niemals mit anderen Menschen geteilt wird, weil "man" sich schlicht und ergreifend nicht traut. Kreativität ist gelebte Individualität, doch Gedanken wie "was wird der andere wohl sagen" oder "oh Gott, evtl. lacht noch jemand über mich" verhindern, dass sich so mancher Künstler und so manches Kunstwerk präsentieren - schade eigentlich ...oder?!
Das Ende der Kunst ...
Du darfst nicht, sagte die Eule zum Auerhahn,
Du darfst nicht die Sonne besingen,
die Sonne ist nicht wichtig.
Der Auerhahn nahm
die Sonne aus seinem Gedicht.
Du bist ein Künstler,
sagte die Eule zum Auerhahn.
Und es war schön finster.
(Reiner Kunze)
Du darfst nicht, sagte die Eule zum Auerhahn,
Du darfst nicht die Sonne besingen,
die Sonne ist nicht wichtig.
Der Auerhahn nahm
die Sonne aus seinem Gedicht.
Du bist ein Künstler,
sagte die Eule zum Auerhahn.
Und es war schön finster.
(Reiner Kunze)
Dabei kann gerade Kreativität eine wunderbare Ausdrucksform innerster und verborgenster seelischer Befindlichkeiten, Gedanken und Einstellungen sein. Nicht umsonst findet Kreativität unter anderem auch im therapeutischen Setting vielfach Anwendung - z.B. bei der Arbeit mit Kindern, in der Trauerarbeit, bei traumatisierten Menschen, in der Betreuung von Krebspatienten, in der Arbeit mit Senioren u.v.m.
Kreativität ist in erster Linie die Freude, Neues auszuprobieren, sowie eine ausgewählte Form mit sich selbst und anderen Menschen in Kontakt zu treten. Zu allem Genannten bedarf es Mut! Den Mut sich zu zeigen, den Mut sich zu öffnen und den Mut die Reaktionen anderer Menschen auszuhalten. Kurz: Individualität statt Mainstream!
Diesen Mut haben alle Teilnehmer unter Beweis gestellt und eigentlich gehörte bereits hierfür allen ein Preis! ... Leider fehlen mir hierfür die Mittel :-( ... Als Ersatz dafür möchte ich jedoch mit allen Einsendern (wie auch den anderen Lesern) das nächste Gedicht teilen - ein Gedicht, dass, wenn man sich die Biographie des Verfassers etwas näher ansieht, sehr viel mit dieser Art Mut (Individualität) und möglichen Reaktionen der Massen (Mainstream) zu tun hat.
Horizonte ...
Ich bin des Regenbogens angeklagt,
und die großen Farben Schwarz und Weiß
sitzen in vielen Häusern
meiner Stadt.
Der Himmel ihrer Fenster erstarrt,
wenn ich die Straße betrete.
(Als das kümmerliche Etwas,
das auf meiner Hand lag,
wie ein Regenbogen schimmerte
und die großen Farben Schwarz und Weiß erschreckte,
sagte ich: einmal wir es blühen,
und ich schloss die Hand.
Nun wissen sie, ich trage es bei mir.)
Auf ihrer Rotationsmaschine neben meinem Schlaf
vervielfältigen sie für den kommenden Tag
das Verschweigen.
(Denn unheimlich ist den großen Farben Schwarz und Weiß
das Lebendige.
Die Poren, mit denen es atmet,
verschließen sie,
so kann es nicht aufblühen.)
Zwischen den großen Farben Schwarz und Weiß aber
ist eine große Lücke,
durch diese floh ich.
Nun weiß ich:
viele Möglichkeiten hat die Rose.
(Reiner Kunze)
So unterschiedlich, wie das Thema "Botschaften" von den einzelnen Künstlern angegangen wurde (Gedichte, Gemälde, Musikstücke, Dokumentationen etc.), so schwierig wird es sein diese zu sichten, zu vergleichen und schließlich die drei hervorzuheben, die in den Augen derer, die eine Auswahl treffen müssen besonders herausragen. Keine leichte Aufgabe, soviel ist bereits sicher. Um das Warten bis zur endgültigen Auswertung in der Zwischenzeit ein wenig zu verkürzen, hier noch eine kleine literarische Aufforderung - in diesem Falle die Liebe zur Kreativität - weiter zu pflegen, zu entwickeln und zu kultivieren, auch (oder auch gerade) entgegen etwaiger Widerstände, Ängste oder (Selbst-)Zweifel ...
Die Liebe ...
Die Liebe
ist eine wilde Rose in uns.
Sie schlägt ihre Wurzeln
in den Augen,
wenn sie dem Blick des Geliebten begegnen.
Sie schlägt ihre Wurzeln
in den Wangen,
wenn sie den Hauch des Geliebten spüren.
Sie schlägt ihre Wurzeln
in der Haut des Arms,
wenn ihn die Hand des Geliebten berührt.
Sie schlägt ihre Wurzeln,
wächst wuchert
und eines abends
oder eines morgens
fühlen wir nur:
sie verlangt Raum in uns.
Die Liebe
ist eine wilde Rose in uns,
unerforschbar vom Verstand
und ihm nicht untertan.
Aber der Verstand
ist ein Messer in uns.
Der Verstand
ist ein Messer in uns,
zu schneiden der Rose
durch hundert Zweige einen Himmel.
(Reiner Kunze)
Die Liebe
ist eine wilde Rose in uns.
Sie schlägt ihre Wurzeln
in den Augen,
wenn sie dem Blick des Geliebten begegnen.
Sie schlägt ihre Wurzeln
in den Wangen,
wenn sie den Hauch des Geliebten spüren.
Sie schlägt ihre Wurzeln
in der Haut des Arms,
wenn ihn die Hand des Geliebten berührt.
Sie schlägt ihre Wurzeln,
wächst wuchert
und eines abends
oder eines morgens
fühlen wir nur:
sie verlangt Raum in uns.
Die Liebe
ist eine wilde Rose in uns,
unerforschbar vom Verstand
und ihm nicht untertan.
Aber der Verstand
ist ein Messer in uns.
Der Verstand
ist ein Messer in uns,
zu schneiden der Rose
durch hundert Zweige einen Himmel.
(Reiner Kunze)
Alle drei Texte stammen aus der Feder meines Lieblings - Schriftstellers und Dichters Reiner Kunze. Wer gerne mehr über ihn und seine Arbeiten erfahren möchte kann dies unter den folgenden Links:
Ein Buch, was ich Euch besonders empfehlen möchte und aus dem auch die vorangestellten Texte stammen, lautet:"Die wunderbaren Jahre" von Rainer Kunze.Ausgewählte Reden des revolutionären und unbeugsamen Denkers findet man in dem Buch "Bleibt nur die eigene Stirn".
Ich wünsche Euch allen einen guten Start in die Woche, weiterhin viel Freude an der eigenen Kreativität und Offenheit gegenüber der Kreativität anderer Menschen!
Monika Köppel
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen